Manchmal starten Tage mies, besonders die, an denen meine Schwester im Morgengrauen durch meine Träume tanzt und mich die Realität beim Aufwachen mit voller Wucht überrollt. So wie gestern. Vor mir ein Tag, der sich so hoch aufzutürmen scheint wie mein restliches Leben ohne sie.
Dann konzentriere ich mich auf die kleinen Sonnenstrahlen des Tages, an denen ich mich Schritt für Schritt entlang hangele: der Schlüssel, den ich zufällig an einem unmöglichen Ort finde, bevor ich ihn überhaupt vermisst habe. Die Joggerin, deren direktes Lächeln mir bis ins Herz dringt, während sie trippelnd darauf wartet, dass ich vorbeigeradelt bin. Das rebellische „nochmal!“-Graffiti auf der frisch gestrichenen Tunnelwand. Der Typ, den ich um diese Zeit immer rauchend vor dem Eingang treffe und mit dem ich mich grüße, als würden wir uns kennen. Das nette Begrüßungspaket von einen Verband, um dessen Mitgliedschaft ich mich beworben habe. Der IT-Kollege, der mir eine Frage zum Mustache-Template so beantwortet, dass ich mich hinterher schlauer und nicht dumm fühle. Meine Lieblingstasse voll Lieblingstee, den mir ein Lieblingsmensch von meiner Lieblingsinsel mitgebracht hat. Ein Dienstleister, der unser Telefonat mit „Schön, ihre Stimme zu hören“ beginnt. Die Kollegin, die aus heiterem Himmel sagt, mein heutige Frisur stehe mir so gut – ausgerechnet der Notfallzopf! Plötzlich ist es schon zehn Uhr und der Tag hat sich doch irgendwie in Bewegung gesetzt.
Nichts davon vertreibt meine dumpfe Dunkelheit, aber jeder kleine Lichtblick trägt mich einen Moment weiter und sorgt dafür, dass es zwar kein leichter Tag wird, aber ein guter. Hinter vielen dieser Sonnenstrahlen steht ein Mensch, der wahrscheinlich gar nicht gemerkt hat, wie er mir mit seiner Leichtigkeit ein bisschen Schwere abnimmt. Nichts Weltbewegendes, aber doch hat es meine Welt an diesem Tag verändert. Ich nehme mir ganz fest vor, auch wieder dieser Lichtblick für andere zu sein, damit die Welt noch ein bisschen heller wird. Seid ihr dabei?
Bildnachweis: „Sunbeams all the way to Ireland…“ von Kris Williams (flickr) CC BY-NC-ND 2.0
Nicki
Hat schon mal funktioniert! :-*
Sonja
Da brauchst du dich nicht sehr stark anstrengen, liebe Silke. Ich würde sagen, dass das Freudeschenken eine natürliche Fähigkeit der Hartmann-Schwestern ist. ;)
Ich wünsche dir, dass du weiterhin so viel Schönes in der Welt siehst und dass diese Momente häufig in die Dunkelheit, die du fühlst, strahlen! Liebe Grüße!