Von oben aus der dunklen Nacht kommt es herab, das Himmelskörbchen, und es gehört mit zu meinen schönsten vorweihnachtlichen Kindheitserinnerungen. An einem der Adventssonntage, wenn wir spät nachmittags bei Kerzenschein zusammen saßen und laut genug sangen, kam es an einem goldenen Band vom Himmel bis vor unser Esszimmerfenster hinunter geschwebt. Beladen war es mit einem Licht, ein paar Süßigkeiten, Mandarinen und je einem kleinen Geschenk für jedes Kind. Wenn wir die Fracht ausgeladen hatten, verschwand es mit leisem Klingeln wieder in den Abendhimmel und verlor sich in der Dunkelheit.
Nach einer längeren Pause kommt das Himmelskörbchen nun wieder zu uns, um die lange Wartezeit bis zur Heiligen Nacht zu verkürzen. Es lässt jetzt etwas länger auf sich warten und kommt näher an Weihnachten als früher, aber immerhin. Inzwischen weiß ich, dass ich das Klingeln wohl in meiner Erinnerung hinzugedichtet haben muss. Es ist unmöglich, am Esszimerfenster Geräusche aus dem geöffneten Dachbodenfenster (Luftlinie zweieinhalb Meter in der Diagonalen) zu hören. Wir haben es ausprobiert. Es ist schwierig genug, die Dachlatte hinüber zu schwenken und das Körbchen hinabzulassen. Und unten muss das Timing von Liedern, Körbchen und Fenstergucken stimmen. Für Glöckchenklingeln ist da keine Zeit – und auch keine Hand frei. Falls ich aber in all den Jahren etwas vom Zauber des Himmelskörbchens vergessen haben sollte, kann ich ihn jetzt wieder in den weit aufgerissenen Augen meiner Nichte entdecken, wenn sie flüstert: „Das Christkind war da.“ Und heutzutage ist es dann mein Bruder, der das Himmelskörbchen immer ganz knapp verpasst und dem man hinterher alles genau berichten muss; genauso wie früher Oma und Opa.