Der TGV von Stuttgart nach Paris ist ein gutes Beispiel für deutsch-französische Freundschaft und Zusammenarbeit: An Bord arbeiten Mitarbeiter des französischen SNCF und der Deutschen Bahn, die zwar ihre jeweiligen Uniformen tragen, aber perfekt zusammenzuarbeiten scheinen. Sie sprechen alle die Grundlagen der jeweils anderen Sprache, kommen sich notfalls zur Hilfe und treten sich gegenseitig Kompetenzen und Verantwortung ab.
Ein anderes, sehr gutes Beispiel für deutsch-französische Freundschaft bin ich. Ich bin in einer Stadt aufgewachsen, die als eine der ersten nach dem Krieg eine französische Partnerstadt hatte. Diese Städtefreundschaft wird seitdem leidenschaftlich gepflegt. Mit 14 war ich zum ersten Mal zum Schüleraustausch bei meiner wunderbaren Gastfamilie in der Normandie, die mit ihrer Herzlichkeit, ihrer Offenheit und Geduld dafür sorgte, dass ich die französische Kultur kennen- und lieben lernte. Mir sind dadurch nicht nur die Mitglieder dieser Familie, sondern auch Franzosen grundsätzlich ans Herz gewachsen.
In der letzten Woche war ich in Paris zu einer Konferenz der großen französischen Wissenschaftsorganisation CNRS eingeladen, um einen Vortrag zu halten. Natürlich war die Konferenz auf französisch, aber ich durfte meinen Beitrag auf englisch beisteuern. Nach einem kurzen französischen Einstieg tat ich das auch erleichtert. Die anschließende Diskussion fand wieder auf französisch statt; wie auch jedes weitere Gespräch, bei dem ich anwesend war. Man könnte meinen, mein Französisch sei so toll, dass es für uns alle keinen Unterschied gemacht hätte. Dem ist leider nicht mehr so; ich verstehe zwar sehr viel, aber nicht nur die Fachdiskussion brachte mich an meine fremdsprachlichen Grenzen.
Eine ebenfalls nicht-französiche Branchenkollegin regte sich darüber auf, dass die Franzosen nicht sehr daran interessiert schienen, uns das Sprach-Leben einfacher zu machen. Das kann ich gut verstehen, schließlich fühlt man sich doch schnell ausgeschlossen und nicht wertgeschätzt. In mir ist die Liebe zu diesem Volk jedoch noch immer so tief verwurzelt, dass ich die kulturellen Eigenheiten und auch die Sprach-Ignoranz der Franzosen amüsant und liebenswert finden kann.
Der TGV verbindet zwei Länder miteinander. Es sind aber die Menschen, die in Frankreich und Deutschland leben, die die beide Welten miteinander verbinden. Auch wenn ich viele Jahre höchstens zum Urlaub in Frankreich war, so sind in mir unsere Länder und Welten bereits als Jugendliche zusammengewachsen. Alles fängt klein an: mit einem Lächeln, einem Schüleraustausch, einem Schluck Cidre.
Bildnachweis: „Mont Saint Michel“ von Eric Pouhier (wikimedia). CC BY-SA 2.5