Bücherwünsche sammeln sich bei mir an und müssen dann ganz plötzlich alle auf einmal erfüllt werden. Neulich war es mal wieder soweit, dass ich meine Wunschliste auflösen wollte. Da ich ein großer Fan von buy local bin – solange „local“ halbwegs konkurrenzfähig ist – und grade Lust auf gedruckte Bücher statt auf E-Books habe, suchte ich mir auf buch.de die ISBN der Wunschbücher raus, verglich bei den englischen Büchern sicherheitshalber die angegebenen Preise mit denen bei Amazon und schickte der lokalen Buchhandlung meines Vertrauens eine E-Mail, in der ich alle deutschen Titel bestellte. Die Mitarbeiterin der Buchhandlung schrieb mir noch am selben Vormittag zurück, dass die Bücher am folgenden Tag zur Abholung im Laden bereit liegen. So weit, so toll. Am Abend bestellte ich mir die englischen Bücher im Internet und ging voller Vorfreude schlafen.
In der übernächsten Mittagspause spazierte ich bei dem Laden am anderen Ende der Innenstadt vorbei (weil die Mitarbeiter dort, wenn ich mit arbeiten fertig bin, auch schon Feierabend haben). Diese Idee hatten auch noch drei andere, gesprächsbedürftige Kunden, also stellte ich mich brav am Ende der Schlange an. Als ich dann zur Kasse vorgerückt war, hatte ich es schon etwas eilig, weil es die Kunden vor mir leider gar nicht eilig gehabt hatten. Meine Bücher lagen bereit, super. Ich hakte im Kopf die Liste ab, steckte die Bücher ein und düste zurück ins Büro, wo auch meine englischen Bücher aus dem Internet auf mich warteten.
Nachmittags schaute ich dann doch mal näher in die Tasche, weil ich dem Kollegen meine Neuerwerbungen vorführen wollte. Dabei stellte ich fest, dass eins der Bücher nicht die gewünschte Ausgabe war. Ich hätte eigentlich gerne das Hardcover gehabt. In meiner Tasche war jedoch eine Softcover-Ausgabe gelandet. Noch mal kurz ein ISBN-Abgleich: Ja, ich hatte die HC-Version bestellt. Kann ja mal passieren. Ich schrieb also eine E-Mail an den Buchladen und bat darum, mir noch das richtige Buch zu bestellen, das ich am kommenden Tag abzuholen ankündigte.
Die Buchhandlung antwortete innerhalb einer Stunde und teilte mir mit: Die von mir gewünschte Hardcover-Ausgabe mit eben jener ISBN sei nur über Zweitausendeins lieferbar und bei denen gäbe es keinen Buchhandelsrabatt. Wenn ich das Buch trotzdem wolle, nähmen sie die Softcover-Ausgabe zurück, aber das Hardcover müsse ich mir selbst bestellen.
Diese Information musste ich erstmal einsinken lassen: Die Mitarbeiter der Buchhandlung wollen also, dass ich im Laden vorbeikomme, um das falsche Buch (von dem ich inzwischen annehmen musste, dass es absichtlich bestellt wurde, ohne mich zu informieren) zurückzubringen. Das richtige Buch kann ich dann aber nicht mitnehmen (offenbar weil sie bei diesem Buch nichts an mir verdienen), sondern soll es selbst irgendwo anders besorgen.
Auf meine E-Mail, in der ich beschrieb, wie ihre Nachricht bei mir angekommen war, und fragte, ob ich das falsch verstanden hätte, bekam ich eine längere E-Mail zurück. Aus dieser Nachricht nehme ich mit, dass Zweitausendeins böse ist (was ich als Verlagsmitarbeiter ja angeblich auch schon längst wissen müsse), der Buchladen dafür nichts kann, sie aber gerne meine Beschwerde weiterleiten … Ähm, Mooooment! Die Lieferpraxis von Zweitausendeins ist mir als Kunde in der aktuellen Situation ehrlich gesagt total egal, denn ich habe mich über das Verhalten der Mitarbeiter des Buchladens geärgert. Ich wäre versöhnt gewesen mit: „Tut uns leid, dass Sie nicht das gewünschte Buch von uns erhalten haben. Wir können es Ihnen leider nicht besorgen, weil …“ Oder: „Wir können es Ihnen gerne besorgen, das kostet aber ausnahmsweise einen Aufpreis, weil …“ Den schwarzen Peter weiterzuschieben ist zwar irgendwie niedlich, weil buchbranchentypisch; Es ist aber auch völlig inkompetent und unprofessionell.
Ja, ich kenne die Buchbranche von innen und weiß, dass das Leben eines Buchhändlers auch kein Ponyhof ist. Deshalb, und weil ich offensichtlich ein dämlicher Idealist bin, habe ich mich für dieses Kaspertheater entschieden und die Hälfte meiner Bücher beim lokalen Laden und die andere Hälfte bei Amazon bestellt. Ja, dieser Buchladen wird im Normalfall an mir nicht reich, aber ich habe wenigstens versucht, ihn an der Print-Wertschöpfungskette zu beteiligen. Dafür habe ich Opfer gebracht, nicht zuletzt einen Teil meiner Mittagspause geopfert, wenn ich die Bücher auch direkt frei Haus hätte geliefert bekommen können. Durch das mangelnde Interesse an mir und meinen paar Euro fühle ich mich ziemlich veräppelt. Service und Kundenbindung stelle ich mir als mündiger Kunde in Zeiten des Internets anders vor.
Aber ich habe meine Lektion gelernt: Das mir untergejubelte Buch werde ich zurückbringen, aus Prinzip. Und dann werde ich diesen Laden nie wieder mit meinen Buchbestellungen behelligen. Versprochen. Der Buchladen vorne an der Ecke hat schon angekündigt mir die gewünschte Hardcover-Variante besorgen zu können, auch von Zweitausendeins. Darauf werde ich jetzt zurückkommen. Bei der Gelegenheit bestellte ich auch die beiden anderen Bücher, die ich inzwischen noch haben möchte. So schnell gebe ich nicht auf, den lokalen Buchhandel retten zu wollen.
Bildnachweis: „Sandskulptur ‚Schneewittchen und die sieben Zwerge‘ (2) Bücherschnüffler“ gynti_46 (flickr). CC BY-NC-SA 2.0
Silencer
Sehe ich ähnlich, was die lokale Unterstützung angeht, und auch ich habe mich schon mehr als einmal gefragt, was die Einzelhändler hier eigentlich gerade für eine Nummer fahren. Bei manchen, und das betrifft nicht nur Buchhändler, habe ich wirklich das Gefühl, dass das Undercoveragenten von Internethändlern sind. Anders ist das Verhalten nicht zu erklären, mit dem gezielt Kunden deutlich signalisiert wird, dass man kein Interesse an ihnen hat.
Cat
Zum Glück sind die Mitarbeiter im Buchladen meines Vertrauens superengagiert und freundlich.
Ich stimme zwar zu, dass hier ein fataler Fehler geschehen ist. Wäre es aber nicht gut, das Ganze noch mal von Angesicht zu Angesicht zu klären? Emails werden so schnell falsch verstanden und natürlich auch unvorteilhaft formuliert. Ich sage nicht, dass diese Antwort total nett gemeint war und du das nur nicht verstanden hast, das natürlich nicht! Hier wurde eindeutig Mist gebaut. Es wäre nur gut, wenn es bei einem Vorfall dieser Art bleiben könnte.
Hier lässt sich nun ‚ewig‘ dieses Negativbesipiel für den kleinen Buchladen nachlesen – wäre es nicht schön, mehr über die positiven Erlebnisse im Buchladen zu verbreiten? Das wäre doch auch im Sinne deiner Rettungsaktion ;)
Anscheinend begreifen einige Buchhändler immer noch nicht, was sie jetzt an Service (also auch Freundlichkeit im Umgang mit Lesern) leisten müssen, um dem ‚Großen A‘ die Stirn zu bieten.
Und tschüß, Buchladen! | HausDerWerte
[…] Und tschüß, Buchladen!. […]
Ralf-Giso Kutschker (@elephanteum)
Mir hat die regionale Buchhandlung eine Ansihtsbestellung verweigert. Sie sagten, ich würde ja dann doch bei Amazon bestelln. Na wenn die mich schon darauf hinweisen.
sinahar
Vielen Dank für eure Kommentare. Ja, da schlackert man manchmal mit den Ohren. Die Theorie der Undercoveragenten finde ich sehr plausibel, danke für dieses Kopfkino, hilft bestimmt mal gegen Service-Frust.
Ich habe die E-Mails tatsächlich bei Buchrückgabe im Laden noch einmal angesprochen. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass es mir wichtiger war als dem Buchladen-Mitarbeiter. Schwamm drüber. Inzwischen habe ich meine Bücher und der andere Laden macht einen prima Job. Cat hat aber natürlich Recht: Über das Positive zu berichten wäre mal eine gute Alternative …